Der neue Gründergeist in der Region
Die Universität Stuttgart, die Hochschule der Medien und das Fraunhofer-Institut IPA liefern nicht nur akademisches Wissen, sondern auch reale Anwendungsprojekte. Viele Spin-offs entstehen direkt aus der Forschung. Die Nähe zu Konzernen wie Bosch oder Daimler bietet Zugang zu Pilotkunden und Industrie-Know-how.
Inzwischen zählt Stuttgart zu den Top 10 Tech-Standorten in Deutschland, wenn es um DeepTech und KI-Anwendungen geht. Was vielen nicht bewusst ist: Einige Start-ups aus dem „Kessel“ werden international bereits als Hidden Champions gehandelt.
Fünf Start-ups, die man kennen sollte
Die folgenden jungen Unternehmen sind Beispiele für die neue Gründer-Generation in Stuttgart. Sie entwickeln Lösungen mit gesellschaftlichem Mehrwert – skalierbar, nachhaltig und marktfähig.
1. Flip – Kommunikation neu gedacht
Flip ist ein 2018 gegründetes Start-up mit Sitz in Stuttgart. Die Idee: Eine App für die interne Kommunikation in Unternehmen – speziell für sogenannte Non-Desk-Mitarbeitende, also Menschen ohne Computer-Arbeitsplatz.
Das Tool wird bereits von Unternehmen wie Porsche, EDEKA oder Rossmann eingesetzt. Es ersetzt schwarze Bretter und verbessert die interne Kommunikation etwa in Produktion, Logistik und Verkauf. Flip verfolgt ein einfaches Ziel: Mehr Einbindung, bessere Information, stärkere Teams.
2. AX Semantics – KI trifft Sprache
AX Semantics ist ein Pionier in der automatisierten Texterstellung. Die Plattform nutzt KI, um hochwertige Inhalte in über 110 Sprachen zu generieren. Kunden sind unter anderem große E-Commerce-Unternehmen, die tausende Produktbeschreibungen automatisieren müssen.
Was Stuttgart mit AX Semantics bietet, ist weit mehr als ein einfaches Tool – es ist ein tief integriertes KI-System mit Fokus auf Skalierbarkeit und Qualität.
3. Honic – Datensicherheit für die Forschung
Honic aus Stuttgart hat eine Plattform geschaffen, auf der medizinische Daten sicher und DSGVO-konform für Forschungszwecke zugänglich gemacht werden. Patienten behalten die Kontrolle über ihre Daten. Gleichzeitig erhalten Forschungseinrichtungen Zugang zu strukturierten, pseudonymisierten Informationen.
Das Start-up arbeitet eng mit Kliniken und Universitäten zusammen. Das Ziel: Forschung beschleunigen, ohne den Datenschutz zu vernachlässigen. Besonders spannend ist der Ansatz, Forschung und Ethik zu verbinden.
4. TRIQBRIQ – Bauen mit Holz und System
TRIQBRIQ entwickelt modulare Holzbausteine für nachhaltigen Wohnbau. Die Idee: Ein zirkuläres Bausystem, bei dem nachwachsender Rohstoff verwendet und am Ende recycelt wird. Damit lässt sich effizient, umweltfreundlich und flexibel bauen.
Das System wurde bereits in mehreren Pilotprojekten in Baden-Württemberg eingesetzt. Es zeigt, dass nachhaltiges Bauen auch wirtschaftlich attraktiv sein kann – vor allem in Zeiten steigender Energie- und Rohstoffpreise.
5. Solios – Diagnostik vor Ort
Solios hat sich auf portable medizinische Diagnostiksysteme spezialisiert. Die Geräte erlauben es, Tests und Analysen ohne Labor durchzuführen. Dies ist insbesondere in abgelegenen Regionen oder Krisengebieten relevant.
Das Unternehmen wurde aus der Universität Stuttgart heraus gegründet und wird von der medizinischen Fakultät Tübingen unterstützt. Die Technologie ist robust, leicht bedienbar und skalierbar.
Was bremst die Sichtbarkeit dieser Start-ups?
Trotz vielversprechender Lösungen sind viele dieser Start-ups außerhalb der Tech-Szene kaum bekannt. Das hat verschiedene Gründe:
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Medien fokussieren sich auf Berlin und München
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Internationale Aufmerksamkeit fehlt oft
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Die Start-ups investieren ihr Budget eher in Produktentwicklung als in PR
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Viele arbeiten im B2B-Bereich und bleiben damit unter dem Radar
Es braucht mehr Plattformen, um diese Firmen sichtbar zu machen. Events wie der Startup BW Summit oder der CODE_n Contest helfen dabei – ebenso wie gezielte regionale Öffentlichkeitsarbeit.
Wie Stuttgart seine Start-ups stärkt
Stuttgart investiert zunehmend in Innovationsförderung. Neben Coworking-Spaces und Inkubatoren entstehen spezielle Programme für Tech-Gründer. Das Gründerstipendium Baden-Württemberg, das Fraunhofer Innovationszentrum und Partnerschaften mit Universitäten tragen Früchte.
Auch neue digitale Formate wie https://juso-stuttgart.de/
Was Stuttgart jetzt braucht, ist ein stärkeres narratives Dach: eine Geschichte über die Stadt als „Ort der Zukunft“ – jenseits von Auto, Stahl und Beton. Die Inhalte dazu existieren bereits. Es fehlt oft nur an Bühne.
Stuttgart ist auf dem Weg, ein führender Standort für Hightech-Innovationen zu werden. Die Kombination aus Forschung, Industrie und junger Kreativität ist stark. Besonders in Bereichen wie GreenTech, künstlicher Intelligenz und Medizintechnologie zeigt sich das Potenzial.
Die vorgestellten Start-ups sind ein Beleg für die neue Dynamik im Südwesten. Ihre Lösungen sind praxisnah, skalierbar und gesellschaftlich relevant. Wenn Stadt, Medien und Wirtschaft weiter an einem Strang ziehen, kann Stuttgart nicht nur mithalten – sondern überraschen.